Der Sommerlaufcup: Gastkommentar von Carola Bendl

Der Sommerlaufcup: Gastkommentar von Carola Bendl

Die Idee

Laufen klappt am besten bei Temperaturen von rund 12 Grad Celsius. Der Hochsommer ist daher bei Läufer*innen keine beliebte Jahreszeit. Allseits wird gejammert, dass es „viel zu heiß“ wäre. Aber wer sich auf sportliche Ziele im Herbst vorbereitet, tut gut daran, im Sommer nicht nur im kühlen Schatten zu liegen. Auch in dieser Zeit ist konsequentes Training wichtig.

Das Problem dabei: Während es im Winter zur Vorbereitung für die Frühjahrssaison zahlreiche Wettkämpfe gibt, war da im Juli und August in Wien über viele Jahre läuferische Sendepause. Bis im Jahr 2011 der Wiener Sommerlaufcup ins Leben gerufen wurde. Mit vier Läufen, je zwei davon im Prater und im Donaupark.

Bei jedem Lauftermin stehen zudem zwei Distanzen zur Wahl: Sieben Kilometer oder Halbmarathon, knapp vier oder zehn Kilometer. Hier ist für fast jede*n was dabei.

Das Besondere

Durch die Alleinstellung in den heißesten Monaten kommen alle zusammen, die während der Sommerferien Wettkämpfe laufen wollen. Olympiateilnehmer*innen sowie Einsteiger*innen und Gelegenheitsläufer*innen.

Ach ja, und zur Transparenz: Peter, der Betreiber dieses Blogs war erfolgreicher Teilnehmer des Wiener Sommerlaufcups: 2013 konnte er die Gesamtwertung für sich entscheiden. Ich selbst gewann 2022 und 2023.

Die Teilnahme ist so unkompliziert wie nur möglich: Es gibt Online-Voranmeldungen, aber auch Nachmeldungen vor Ort unmittelbar vor dem Lauf sind möglich. Beim gestrigen Lauf erfolgte die letzte Anmeldung 30 Sekunden vor dem Start. Das verlangte freilich gute Nerven, und zum Gaudium der restlichen – schon an der Startlinie stehenden – Läufer*innen kommentierte der Veranstalter den Anmeldeprozess via Mikrophon live.

Apropos Start: Dieser ist um 08 Uhr 30 morgens. Noch vor der großen Hitze und früh genug, dass nachher Zeit für einen Badetag oder andere Freizeitaktivitäten bleibt. Nach dem Lauf wartet ein Frühstück mit Backwaren, Bananen, Proteinriegel und Iso-Getränken auf die Teilnehmer*innen. Die Siegerehrungen gehen schnell, und statt Pokale erhalten die Schnellsten prall gefüllte Säcke mit Brot und Gebäck.

Der Modus

Bei Einzelläufen ist die Sache ja klar: Wer als Erste*r ins Ziel kommt, hat gewonnen. Doch wie macht man eine Cupwertung? Einfach die Zeiten addieren, das geht nicht. Infolge der unterschiedlichen Streckenlängen wäre das unfair. Über möglichst gerechte Punktewertungen bei Laufcups kann man freilich genauso endlos diskutieren.

Beim Wiener Sommerlaufcup erhält der*die erste 100 Punkte und Punkte für die jeweilige Distanz des Bewerbs. Also im Halbmarathon 121,1 Punkte, für 10 Kilometer 110 Punkte, und so weiter und so fort. Der*die letzte Finisher*in erhält einen Punkt. Dazwischen verteilen sich – im Detail abhängig von der Starterzahl – die Punkte auf alle weiteren Teilnehmer*innen.

Mindestens drei Ergebnisse aus den vier Läufen sind erforderlich, um in die Wertung zu kommen, bei vier Teilnahmen fällt das schlechteste Resultat aus der Berechnung. Auch dieser Modus bevorzugt allerdings die längeren Distanzen. Schließlich erhält ein Sieger im Halbmarathon auch bei vergleichsweise schwächerer Leistung immer mehr Punkte (121,1) als ein Sieger über sieben Kilometer (107,0), auch wenn dessen Zeit sehr stark war.

Hinzu kommt, dass es im Regelfall auf den Langstrecken mehr Starter*innen gibt. Was aufgrund des Berechnungsmodus dazu führt, dass auch der*die Zweit-, Dritt-, Viertplatzierte usw. höher punktet als es auf der kürzeren Strecke möglich ist. Wie geschrieben: Über Cupwertungen lässt sich trefflich streiten. Darin liegt auch ihr Reiz.

Die Saison 2025

Der Sommerlaufcup 2025 startete am 29. Juni im Wiener Prater auf der Hauptallee bei großer Hitze. Mit einer Top-Besetzung. Olympia- und WM-Starterin Julia Mayer nutzte den Halbmarathonbewerb für ihre Vorbereitung auf die Leichtathletik-WM im September in Tokio. Natürlich siegte sie in der Frauenwertung klar, nur 35 Sekunden hinter Pierrick Mialle als schnellstem Mann.

Mit dem Antreten von Julia wurden meine Chancen geschmälert. Hinter einer Olympionikin und österreichischen Serienmeisterin wäre Rang 2 das Maximum gewesen, das herauszuholen war.

Der zweite und dritte Lauf boten angenehmere Temperaturen, und auf den Spitzenplätzen vertraute Namen. Es gab Siege für den früheren Sommerlaufcup-Gewinner Davide Zanetti, den Kurzstrecken-Spezialisten Jan Ratay, meine Klubkollegin Lola Servary (siehe Beitragsbild) nach ihrer Baby- und Verletzungspause, die starke Nachwuchsläuferin Ylva Thalhammer und natürlich wieder Julia Mayer. Immer vorne mit dabei: Pierrick Mialle. Auch ich konnte einen weiteren zweiten Platz erzielen.

 

 

Die Entscheidung

Der vierte Lauf versprach Spannung. Auf die ungewöhnliche Art. Bei den Männern führte Pierrick Mialle, doch würde Davide Zanetti nach zwei Laufsiegen ein drittes Mal starten? Nein. Damit war die Sache klar, und Pierrick wurde Gesamtsieger.

Ähnlich bei den Damen. An der Spitze lag aufgrund ihrer Starts über die längeren Distanzen Karin Rosenberger, keine vier Punkte dahinter ich an zweiter Stelle. Würde Julia Mayer aber dreimal starten, bedeutete das den sicheren Sieg in der Gesamtwertung. Sie war da und gewann bei den Frauen überlegen. Im letzten Lauf war sie sogar knapp vor Pierrick.

Ich muss etwas gestehen: Weil ohne Julias Antreten in der Frauenwertung eine knappe Entscheidung – vielleicht sogar um Zehntelpunkte – bevorgestanden hätte, überlegte ich hin und her, welche Strecke ich mit welcher Taktik laufen sollte. Letztlich tat ich aber das, was der Trainer mir im Rahmen der Planung für den Chicago-Marathon ohne Rücksicht auf Ergebnisse vorgeschrieben hatte: Den kürzeren 3,8-km-Bewerb laufen, das dafür „volle Pulle“.

Ich gewann, was mir den dritten Platz in der Cup-Gesamtwertung und den Sieg in der Altersklasse brachte.

Die schwierige Zukunft

Wie wird es mit dem Sommerlaufcup nach seiner 15. Saison weitergehen? Wienkenner und Laufinsider wissen, dass aktuell eine Verlängerung der Straßenbahn-Linie 18 bis zum Ernst-Happel-Stadion gebaut wird. Die schon jetzt aufgegrabene Prater Hauptallee wird für Läufer*innen zum Problem.

Auch nach der Baustellenzeit werden Läufe schwierig, wenn alle paar Minuten eine Straßenbahn die Laufstrecke quert. Eine Unterbrechung des Betriebs öffentlicher Verkehrsmittel ist weder realistisch noch leistbar. Halbmarathons auf einer viel kleineren Laufrunde mit vielen Überrundungen durchzuführen, das ist sowohl total unübersichtlich als auch gefährlich.

Der Sommerlaufcup als eine der Veranstaltungen, wo Top- und Hobbyklasse harmonisch miteinander laufen, steht daher am Scheideweg. Die Zukunft ist ungewiss. Hoffentlich sorgt nicht ausgerechnet die Verkehrsplanung der Stadt Wien dafür, dass das „Welterbe Pater Hauptallee“ um einige Laufveranstaltungen ärmer wird.