Gastkommentar Frauenlauf von Carola Bendl

Gastkommentar Frauenlauf von Carola Bendl

Der Österreichische Frauenlauf steht seit 1988 dafür, Frauen und Mädchen für den Laufsport zu begeistern und ein Event exklusiv für Frauen zu bieten. Im ersten Jahr waren es noch 440 Teilnehmerinnen, 2025 standen knapp 29.000 am Start. Ein Kommentar von Carola Bendl, österreichische Staatsmeisterin im Marathon 2024 und Frauenlaufsiegerin 2008.

Aller Anfang ist schwer

Während sich Männer schon längst über eine Vielzahl von Laufdistanzen sportlich messen durften, war Frauen die Langstrecke verwehrt. Erst seit 1984 gibt es den Marathon als olympische Disziplin für Frauen. Und auch heute noch sind Frauen nicht nur, aber auch im Sport, mit einer Reihe von Benachteiligungen konfrontiert:

Die allgemeine Aufmerksamkeit wendet sich mehr den Männern zu, Frauen erfahren Geringschätzung und Sexualisierung und Care Work ist nach wie vor bei Weitem nicht ausgeglichen. Es gibt also mehr als genug Gründe für Veranstaltungen, die dieses Ungleichgewicht umkehren und Frauen in den Mittelpunkt stellen.

Auch meine eigene Laufkarriere ist eng mit dem Österreichischen Frauenlauf verbunden. Zwar war ich schon davor bei einer Handvoll Laufveranstaltungen am Start, doch der wirkliche Beginn erfolgte mit der Teilnahme am Frauenlauf im Jahr 2004. Seit diesem Zeitpunkt blieb ich dem Laufsport durchgehend verbunden. 2008 konnte ich den 10-Km-Bewerb gewinnen und 2025 war es meine 15. Teilnahme.

Foto: Hannes Steiner

 

Das Besondere in Wien

Was macht den Österreichischen Frauenlauf so einzigartig? Es ist die wunderbare Verbindung von Spitzensport und Bewegung für alle. Seit Jahren schon werden Top-Läuferinnen zu dem Event eingeladen, die Resultate in Reichweite zur Weltspitze im 5 Kilometer-Straßenlauf abliefern.

Der Streckenrekord beim Frauenlauf liegt bei 14:50 Minuten durch Gladys Chepkirui aus Kenia. 2025 gewann Caroline Makandi Gitonga, ebenfalls aus Kenia, in 14:56. Auch österreichische Rekorde wurden beim Frauenlauf erzielt, 2025 von Carina Reicht in 15:40.

Eliterennen oder Spaßfaktor?

Der Österreichische Frauenlauf ist aber nicht nur ein Event für die Topliga. Sowohl Anfängerinnen also auch Hobbyläuferinnen sind in den Bewerben über 5 oder 10 Kilometer sowie Walking gut aufgehoben. Er ist auch nicht nur ein Spaß-Event – wer möchte, kann das ganze Jahr über in Frauenlauftreffs mit ausgebildeten Trainerinnen an der Form arbeiten.

In den letzten zwölf Wochen vor der Veranstaltung gibt es noch verstärkte Vorbereitung an vielen Orten in ganz Österreich, vom Niveau „Laufen-und-Gehen-Mix für Anfängerinnen“ bis „10 Kilometer unter 40 Minuten“.

Trotzdem kommt der Genuss bei der Veranstaltung nicht zu kurz. Häme, diese Veranstaltung als „Pseudosport“ abzutun, sind fehl am Platz. Ist es womöglich der Neid mancher Männer, dass sie hier einmal nicht im Mittelpunkt stehen?

Natürlich ist auch beim Österreichischen Frauenlauf nicht alles nur perfekt. Zwar werden hier gute Zeiten gelaufen, aber von den absoluten Topzeiten ist man doch entfernt. Beatrice Chebet (Weltrekord über 5 Kilometer in 13:54 Minuten) oder Agnes Ngetich (Weltzweitbeste in 14:13 sowie Weltbeste über 10 Kilometer) waren hier nicht am Start. Es mag an mir liegen, aber ich kannte die aktuelle Wiener Streckenrekordhalterin Gladys Chepkirui und die heurige Siegerin Caroline Makandi Gitonga nicht.

Anders war es im Vorjahr. Hier siegte Eilish McColgan, in Europa gut bekannt. 2023 war mit Olympia-Medaillengewinnerin Nadia Battocletti ebenfalls ein großer Name am Start. Welcher Ansatz für eine Laufveranstaltung ist interessanter? Schnelle Zeiten oder regionale Heldinnen, die frau kennt?

Die Zeit von Eilish McColgan war – nach einer längeren Verletzungsserie – mit 15:19 nicht überragend, wie sie auch selbst sagte. Aber die strahlenden Gesichter anderer Teilnehmerinnen, die sie beim Aufwärmen erblickten oder nachher Selfies machten, wiegen womöglich mehr als Top-Zeiten. Ich glaube an die Zugkraft von Identifikationsfiguren, diese fehlten mir dieses Jahr etwas.

Mein Lauf

Das umso mehr, als ich aufgrund meiner Vorjahresleistungen zum Elitelauf eingeladen war. Hier hoffte ich darauf, mir aus TV und Stadion bekannte Stars aus nächster Nähe zu sehen. Von ihnen war diesmal leider niemand dabei. Etwas gewöhnungsbedürftig war auch die Tatsache, dass – mit einer Ausnahme – alle Athletinnen im Elitebewerb mindestens 17 Jahre jünger waren als ich.

Mit der Entscheidung um den Sieg hätte ich aber auch in jüngeren Jahren nichts zu tun gehabt. So war es eine umso größere Ehre, in diesem Feld überhaupt dabei zu sein. Daher hoffte ich auch, eine möglichst gute Leistung zu schaffen. Im Vorjahr hatte ich, direkt nach der Marathonsaison, meine 5 Kilometer-Bestzeit schließlich auch verbessert.

Dieses Jahr fühlte ich mich aber schon beim Aufwärmen schwach, was sich auch nach dem Startschuss nicht besserte. Der Fokus konnte also nur mehr auf einem unter diesen Umständen guten Lauf liegen. Das gelang mir ohne einen echten Einbruch auch. 19:14 war nicht das, worauf ich gehofft hatte, aber akzeptabel.

Das Fazit

Immerhin setzte ich um, was ich vor dem Start bei der Moderation gehört hatte: „Selbst die Spitzenläuferinnen sagen, dass es auch um den Spaß geht“. Ob das so stimmt? Für mich jedenfalls war es das freudvolle Motto des Tages.