
Zehn Österreicher unter den ersten neun
Liebe Leute, Hand auf’s Herz: Wie viele echte Stars im Sport haben wir in Österreich? Da ist abgesehen von früher ein paar Tennisspielern im Sommer praktisch niemand. Im Winter gab es einmal eine Eisschnellläuferin, die Olympiasiegerin wurde. Emese Nemeth-Hunyady. Die Skilangläufer und Biathleten wurden leider durch Doping weltberühmt. Ansonsten bleibt alles am Auf und Ab der Skispringer und bei den alpinen Skifahrern hängen.
Es gibt ein Buch „Sechs Österreicher unter den ersten Fünf“. Es geht um einen Piefke im Ösiland. Formeller formuliert um einen Deutschen, der nach Österreich einwandert und hier sozialisiert wird. Der Kabarettist Dirk Stermann schildet seine Erlebnisse. Als schräge Liebeserklärung an die Alpenrepublik. Berufsbedingt mit ein paar Seitenhieben auf hiesige Eigenheiten. Das einzig wirklich gemeine am Buch ist jedoch sein Titel.
Inhaltlich hätte Herr Stermann es besser wissen müssen. Warum untertreibt er? Weshalb redet er Österreichs Skisiege klein? Wieso macht er nur aus einem Fünffachsieg die sechs ersten Plätze? Pfff, das ist doch was für Anfänger am Babylifthang. Stermanns Buch hätte „Zehn Österreicher unter den ersten neun“ heißen müssen. Mindestens.
Denn der Kabarettist aus Deutschland ist 1980 nach Österreich gekommen und hat 2010 sein Buch geschrieben. Dazwischen muss er ein Jahr verschlafen haben: 1998. Da fand am Innsbrucker Hausberg, dem Patscherkofel, ein Skirennen statt. Gut, das ist zugegeben nicht außergewöhnlich. Es war ein banaler Super-G im Weltcup, nachdem 24 Jahre davor Franz Klammer dort Olympiasieger wurde. Womit er damals sportlich dürftige Spiele und unsere Skination rettete.
1998 war es zunächst ein Rennen wie jedes andere. Hermann Maier übernahm mit Startnummer acht überlegen die Führung. Sein nationaler Erzrivale Stephan Eberharter fuhr danach auf Platz zwei. Der übliche Doppelsieg sozusagen. Was danach kam, ließ selbst hartgesottene Skifahrerherzen wie das meine schneller schlagen. Christian Mayer überholte Eberharter und insgesamt acht Österreicher platzierten sich unmittelbar hinter dem Hermann.
Ein Neunfachsieg. Zwei weitere Landsleute auf den Plätzen 15 und 18 fragen sich vermutlich bis heute, warum sie den Zehnfachsieg nicht voll machen konnten. Für den Ex-Deutschen Stermann wäre das aber vielleicht zu viel gewesen. Achtung Ironie. Im Zeitalter angeblich sozialer Medien muss man das nochmals dazusagen. Die eigentliche Schlusspointe war hingegen wirklich zum Lachen.
Der Osttiroler Fritz Strobl mit Startnummer 45 noch auf den dritten Platz und machte die Neunergruppe komplett. Damit hatte keiner mehr gerechnet. Alle Fotografen hatten das achtfache Sensationssiegerbild längst gemacht. Als Strobl ins Ziel kam, war der neuntplatzierte Werner Franz nicht mehr im Zielraum. Aufgrund einer starken Verkühlung waren acht Kollegen vor ihm, so dass er lieber schnell ins Hotel ging und abreiste.
Somit gab es ein offizielles Siegerfoto „Alle neune!“ Das konnte erst 10 Jahre später bei der Feier des zehnjährigen Triumphjubiläums nachgestellt werden. Ein spannendes Gedankenexperiment wäre, was wir Österreicher heutzutage zusätzlich der Euphorie der Sportreporter in der Gegenwart von Facebook, Twitter & Co als Jubelgeheul veranstalten würden. Oder stellen wir uns das lieber nicht vor.
Foto(detail) von Arno Senoner auf Unsplash